Guter Partner für den Klimaschutz

Wenn Entwicklungs- und Schwellenländer ihre Potenziale für den Klimaschutz ausnutzen sollen, benötigen sie Technologien und Know-how. Deutschland gibt diese Hilfestellung – und profitiert davon.

Der Himmel ist eintönig grau. Drei Tage schon sind die Menschen in Morropón im Nordwesten Perus ohne Sonne. „In diesem Jahr ist es besonders kalt und dauernd bewölkt“, sagt Jorge Jimenez. Ganz anders als früher. Seit mehr als 30 Jahren beackern Jorge und sein Bruder ihre Felder. Lange genug, um festzustellen, dass „die Temperaturen ansteigen und viel stärker schwanken als früher“, erklärt Jorge Jimenez.

Das macht es immer schwieriger, die richtigen Pflanzen anzubauen. Gerade haben die Brüder die Reisernte eingebracht. Nun säen sie Soja aus. Das birgt Gefahren. „Zu viel Wasser verträgt die Pflanze nicht“, sagt der Familienvater. Doch ob es viel oder wenig regnen wird, das kann er heute nicht mehr einschätzen, Zu viel habe sich verändert. Die Temperaturen, der Niederschlag. Außerdem registriert er mehr Schädlinge, Pilze und andere Plagen als früher. Weshalb er mehr Pestizide spritzen müsse. Das aber koste zusätzliches Geld und schade zudem der Umwelt. Für Jorge Jimenez ist der Verursacher klar: „Das ist der Klimawandel.“

Die peruanischen Brüder Jimenez sind mit ihren Beobachtungen nicht allein. Rund um den Globus beobachten viele hundert Millionen Bauern, wie sich das Zusammenspiel zwischen Klima, Niederschlägen, Pflanzen und Tieren verändert.

Jorge und Javier Jimenez leben mit ihren Familien in einem Haus ohne Strom. Sie haben weder Auto noch schwelgen sie im Luxus. Zum Klimawandel tragen sie kaum bei. Trotzdem zahlen sie die Zeche.

Der Unterschied zwischen dem Lebensstil von Jorge und dem eines deutschen Bundesbürger bemisst sich in Tonnen. Peruaner verursachen Emissionen von einer Tonne, Deutsche zehn, US-Amerikaner zwanzig Mal so viel.

Soll die Temperatur aber um nicht mehr als zwei Grad steigen, müssen die CO2-Emissionen pro Kopf bis 2050 auf zwei Tonnen reduziert werden. Gelingen kann das nur, wenn man beim wichtigsten Verursacher den Hebel ansetzt: dem Verbrauch fossiler Energieträger.

Das müssen in erster Linie die Industrieländer als Hauptverursacher leisten. Aber auch Entwicklungs- und Schwellenländer müssen heute die Weichen für eine nachhaltige Energieversorgung stellen, damit ihr Energieverbrauch mit dem Wohlstand nicht drastisch ansteigt. Dafür benötigen sie auch Kapital und Know-how aus den Industrieländern.

Deutschland unterstützt diesen Prozess auf unterschiedliche Weise. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit investiert die Bundesregierung 2009 rund eine Milliarde Euro in Klimaschutzprojekte. Das geschieht klassischer Weise über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ). Seit 2008 stehen aber auch dem Bundesumweltministerium aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten 120 Millionen Euro zur Verfügung, um sie in Entwicklungs- und Schwellenländer zu investieren. Das Bundesministerium für Wirtschaft wiederum hat eine Exportinitiative Energieeffizienz ins Leben gerufen, in der sie deutsche Unternehmen bei der Vermarktung ihrer Produkte und Methoden unterstützt.

Die Bundesregierung leistet technische Unterstützung – zumeist über die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) – als auch finanzielle Hilfe, vor allem durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sind im Energie- und Klimabereich nicht nur Produkte „Made in Germany“ gefragt, sondern vor allem Expertise, in denen Deutschland führend ist – bei Planungen und Methoden, bei Förderkonzepten und Gesetzen. Dazu gehört das deutsche Erneuerbare Energiengesetz (EEG). Dazu gehören Public Private Partnership-Projekte (PPP), also Gemeinschaftsprojekte von Entwicklungsorganisationen und deutschen Unternehmen. Eine wachsende Rolle spielt der im Kyoto-Protokoll festgelegte Clean Development Mechanism (CDM). Deutschland unterstützt viele Länder bei der Generierung von Emissionszertifikaten.

Grob lassen sich drei Schwerpunkte unterscheiden - die Grundversorgung, Transport, erneuerbare Energien sowie Energieeffizienz.

Grundversorgung

Noch immer haben 1,6 Milliarden Menschen keinen Zugang zu moderner Energie, kocht fast jeder zweite Bewohner sein Essen auf offenen Feuern bzw. wenig effizienten Herden zu. In vielen Ländern Afrikas sind 95 Prozent der ländlichen Bevölkerung auf Biomasse angewiesen, in Indien 87 Prozent und in China 55 Prozent. Gerade die Folgen des Kochens werden weltweit unterschätzt. Der entstehende Rauch ist extrem giftig. An ihm sterben pro Jahr über 1,5 Millionen Menschen, vor allem Frauen und Kinder. Hinzukommt: Biomasse verbrennt keineswegs klimaneutral. Der Klimaeffekt ist zuweilen größer als bei fossilen Energieträgern. In Indien zum Beispiel verursachen rauchende Herde 42 Prozent der gesamten Rußemissionen des Landes.

Im Auftrag des BMZ verbreitet die GTZ deshalb in vielen Ländern effiziente und saubere Herde. Teuer ist das nicht. In Uganda beispielsweise bilden Partnerorganisationen professionelle Herdbauer aus, die aus Gras, Wasser und Erde Lehmherde modellieren. Das Baumaterial ist billig, die Konstruktion hingegen State of the Art. Etwa ein bis zwei Euro kostet so ein Herd. Er raucht nicht und spart bis zu 60 Prozent Feuerholz ein. Allein in Uganda stehen inzwischen fast eine halbe Million Herde.

Transport

Der Transport von Gütern und Menschen gehört zu den wichtigsten CO2-Emittenten. Die Emissionen werden bis 2050 sogar um 140 Prozent ansteigen, wobei die Verkehre auf der Südhalbkugel das größte Wachstum verzeichnen werden. Regierungen und Industrie präferieren deshalb das Elektroauto. Individualverkehr westlicher Prägung ist jedoch selten die Lösung. „Mit Hilfe intelligenter Raum- und Verkehrsplanungen in Ballungszentren können wir sehr viel mehr Emissionen einsparen als durch Elektroautos“, sagt Armin Wagner, Transportexperte bei der GTZ. Gefördert werden sollten deshalb vor allem öffentliche und nicht motorisierte Verkehrskonzepte. Das deckt sich häufig nicht mit der Verehrung des Autos als Statussymbol. Hinzu kommt, dass es in Planungsministerien an Wissen und modernen Konzepten der Verkehrsplanung fehlt.

Die GTZ hat deshalb Methoden-Sourcebooks entwickelt. Mit Mitteln aus dem BMU fördert die GTZ zum Beispiel in der Ukraine die Entwicklung zukunftsfähiger Verkehrssysteme. Auch in Südafrika engagiert sich die Bundesrepublik. Dort soll nach dem Beispiel von Bogota ein Busverkehrssystem eingeführt werden, das wie ein U-Bahn-System funktioniert – zu sehr viel geringeren Kosten. Abgetrennte Busspuren, klimatisierte und saubere Busse, definierte Haltestellen, Ticketkauf vor Antritt der Fahrt sorgen in Bogota für einen schnellen, pünktlichen und bequemen Nahverkehr. Die Zahl der Fahrgäste steigt, während mit dem  Individualverkehr auch die Emissionen von CO2 zurückgehen.

Energieeffizienz

Der Nutzungsgrad moderner Kohlekraftwerke kann bei 50 Prozent liegen, bei vielen alten Kraftwerken liegt sie zum Beispiel in China bei 20 bis 30 Prozent. Die Auswirkungen sind dramatisch: Ein um einen Prozentpunkt angehobener Wirkungsgrad spart pro Jahr bei einem üblichen Steinkohlekraftwerk in Deutschland ca. 16.000 t Kohle und reduziert die CO2-Emissionen um 43.000 t. „Investitionen in Energieeffizienz sind mit Abstand die günstigste Art und Weise, nachhaltig CO2 einzusparen“, sagt Bernhard Zymla, Leiter des Bereichs Energie und Transport bei der GTZ.

Das riesige Potential will Deutschland zusammen mit Partnerländern erschließen. Viele Wege führen dabei zum Ziel. In Indien beispielsweise hat das Parlament bereits 2001 das Energieeinspargesetz beschlossen. Es verpflichtet die 5000 größten Energieverbraucher des Landes, die staatliche Eisenbahn sowie Eigentümer von größeren gewerblich genutzten Gebäuden zu substantiellen Ergebnissen. Das deutsch-indische Energieprogramm (IGEN) hat an diesem Prozess nicht nur mitgewirkt, sondern arbeitet auch an seiner Umsetzung mit, zum Beispiel an der Einführung von Energielabeln. Im Rahmen von IGEN werden Energiemanager ausgebildet, thermische Kraftwerke optimiert, Institutionen und Fachleute im Handling von CDM-Projekten geschult.

In China vergibt die Kreditanstalt für Wiederaufbau Mittel der Klimaschutzinitiative des BMU zweckgebundene Darlehen, mit denen Industrieunternehmen Maßnahmen zur Energieeinsparung ergreifen können. Dabei geht es nicht allein um die Finanzierung. „Die chinesische Seite hat vor allem auch großes Interesse an den umfangreichen Erfahrungen aus den Förderprogrammen, die die Kreditanstalt im Bereich Klimaschutz in Deutschland etabliert hat. Hier beraten wir unsere chinesischen Partner“, sagt Christian Calov von der KfW.

Erneuerbare Energien

BMU und vor allem das BMZ unterstützen Entwicklungs- und Schwellenländer, ihre Potentiale bei der Nutzung von Wind, Wasser, Sonne, Erdwärme und Biomasse zu erschließen. Zum Beispiel in Ägypten: Das Land verfügt mit 30.000 MW über ein riesiges Potential. Erschlossen sind davon bisher nur 365 MW, 2020 sollen es hingegen 7.200 MW sein. Im Mai 2009 hat das ägyptische Parlament den Bau einer 200 MW-Windfarm an der Küste des Roten Meeres beschlossen. Finanziert wird das Projekt von der Europäischen Investitionsbank (EIB) sowie der Kreditanstalt für Wiederaufbau.

Das deutsche Engagement rund um den Globus legt in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern die Basis für eine nachhaltige Energiewirtschaft. Die Investitionen reduzieren die Emissionen von CO2. Noch wichtiger ist, dass die technische und finanzielle Hilfe Innovationen schneller zum Durchbruch verhelfen. „Mit den Geldern aus der Entwicklungszusammenarbeit verfügen wir über einen wirkungsvollen Hebel, mit dem wir ein Mehrfaches an privaten Investitionen das Feld bereiten“, sagt Bernhard Zymla von der GTZ. Als Beispiele für die Hebelwirkung nennt er das indisch-deutschen Energieprogramm (IGEN) sowie das TERNA-Programm. TERNA ist die englische Abkürzung für Technische Expertise für die Anwendung Erneuerbaren Energien. Im Rahmen des Vorhabens identifizieren GTZ-Mitarbeiter zusammen mit ihren nationalen Partnern geeignete Windstandorte, beraten zu den notwendigen energiepolitischen Rahmenbedingungen, entwickeln Förderinstrumente und initiieren damit die Investitionen in neue Windparks. Die daraus entstanden Folgeinvestitionen sind beträchtlich. Nur für das TERNA-Programm betragen diese inzwischen 780 Millionen €, mit denen Windanlagen mit einer Kapazität von 580 MW geplant bzw. aufgebaut werden.

Im Rahmen des indischen-deutschen Energieprogramms hat die Bundesregierung bis 2009 11,5 Millionen Euro investiert. Diese haben mit dazu beigetragen, dass die indische Industrie inzwischen 1,4 Milliarden Euro in Energieeffizienz und Klimaschutz investierte. Diese Investitionen rechnen sich nicht nur für die Umwelt. Durch die Maßnahmen sparen die Investoren jährliche Energiekosten von bis zu 300 Millionen Euro ein.

Es braucht manchmal nur einen kleinen Schneeball, um eine Lawine ins Rollen zu bringen. Informationen, Methoden, Innovationen aus Deutschland legen zusammen mit anderen die Grundlage für eine nachhaltige Energieversorgung. Sie in der Fläche auch anzuwenden, ist der Schritt, der jetzt noch kommen muss.